Eintauchen in die Welt der Berufe

Mit einem Projekt sollen Jugendliche umfassende Einblicke in verschiedene Jobs erhalten – fern von den Klischees um Frauen- oder Männerberufe.

Was bringt meine berufliche Zukunft? 35 Prozent der deutschen Schüler fühlen sich laut einer Studie des Instituts für Demoskopie Allenbach mangelhaft über ihre beruflichen Möglichkeiten informiert.

Dies zeigt, dass die Berufsorientierung eine wichtige Rolle in der Schulzeit einnehmen muss, da die angestrebte Karriere oft von eigenen Vorurteilen und Rollenklischees beeinflusst wird.
Das Projekt Feminin Maskulin (Profema) des BilSE-Instituts für Bildung und Forschung trägt dazu bei, solche Hemmnisse zu beseitigen. Seit 2016 wird es auch im Landkreis Vorpommern-Rügen initiiert. Die Schüler Lil’Kim Behm (16) und Max Bredenbeck (16) vom Schulzentrum am Sund hatten im Rahmen eines Kurses die Möglichkeit, daran teilzunehmen. Die beiden Neuntklässler hatten davor noch keine konkreten Pläne von ihrer beruflichen Zukunft. Max konnte sich gut einen Beruf in Uniform vorstellen, „vielleicht Bundeswehr oder Polizei“. Lil’Kim interessierte sich hingegen eher für einen Beruf im sozialen Bereich. Damit sie die richtige Entscheidung treffen, mussten sie sich zunächst Gedanken über ihre Stärken und Schwächen machen. „Dafür haben wir im theoretischen Teil des Projektes, der an unserer Schule stattgefunden hat, sogenannte Kompetenzklassen kennengelernt, denen wir unsere Eigenschaften zugeordnet haben“, berichtet Lil’Kim. So fand sie heraus, dass sie eine gut ausgeprägte Sozialkompetenz besitzt, die sie unter anderem durch den Besuch eines Knigge-Kurses verbessern konnte. Auch ein Bewerbungstraining gehörte zur theoretischen Vorbereitung. Derart ausgerüstet, konnte nun der zweite Teil, der Besuch regionaler Unternehmen, beginnen. Die ersten Betriebe werden für die Schüler für ihre Projekte bewusst ausgewählt, denn sie widersprechen den gängigen Geschlechterklischees. Max zum Beispiel war zu Gast in der Memo Clinic, einer Einrichtung für die Pflege von Menschen mit Demenz. Überrascht stellt er fest: „Diese Arbeit im sozialen Bereich fand ich sehr interessant.“
Als nächstes Stralsunder Unternehmen stand bei Max und Lil’Kim Formstaal auf dem Plan, ein weltweit führender Hersteller von Schweißkonstruktionen. Zuvor mussten sich beide für einen Schulvortrag über den Betrieb informieren.
Außerdem überlegten sie, welche Anforderungen wohl an einen Job in diesem Unternehmen geknüpft sind. Während Lil’Kim vor allem Flexibilität, auf Grund der vielseitigen Aufgaben als wichtig erachtete, vermutete Max, dass es eher körperliche Belastbarkeit ist. Trotz dieser Vorbereitung waren beide voller neuer Eindrücke nach ihrem ersten Besuch. Max gefiel, „die Größe des Betriebs und die weltweiten Kontakte“, die Formstaal auf dem internationalen Markt hat. „Außerdem konnte uns Herr Husmann, der Betriebsleiter, viel von seinen Erfahrungen im Berufsleben berichten, als er uns das Unternehmen gezeigt hat.“ Auch die Tatsache, dass viele Frauen in dieser scheinbar von Männern dominierten Branche arbeiten, überraschte beide. Durch ihre Stippvisiten erhielten sie einen guten Einblick in den vielseitigen Arbeitsalltag, der nicht nur an Maschinen, sondern auch vor Bürotischen stattfindet. Von dem gesamten Projekt konnten die beiden Schüler viel mitnehmen. „Man urteilt über Berufe oft viel zu schnell, deshalb möchte ich in Zukunft versuchen, einen besseren Einblick zu bekommen, wenn sich mir die Chance bietet“, erklärt Lil’Kim. Von der praxisnahen Berufsorientierung konnte auch Max profitieren, „neben Bundeswehr und Polizei könnte ich mir nun auch gut vorstellen, mit Menschen in einer Memo Clinic zu arbeiten.“
Beide würden gerne noch einmal an solchen Angeboten teilnehmen, um mehr über sich selbst und die spannende Arbeitswelt kennenzulernen.

Stralsund. Richard Weinz. OZ 12.05.2017
Richard Weinz (18) besucht die 12. Klasse des Hansa-Gymnasiums

 

Von wegen typisch Mann, typisch Frau

Bei dem Projekt ProFe-Ma geht es darum, eine geschlechtsneutrale Berufsorientierung anzubieten.
Seit 2016 wird das Projekt auch im Landkreis Vorpommern-Rügen von Svenja Warnig vom Bilse-Institut für Bildung
und Forschung initiiert. ProFeMa wird durch das Ministerium für Soziales, Integration und Gleichstellung aus Mitteln
des Europäischen Sozialfonds gefördert.

Weitere Informationen
unter www.bilse.de/projekte/pro-fe-ma

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