Rostocker Schülerinnen lassen Mikroplastik leuchten
„Jugend forscht“ und „Schüler experimentieren“:
Die drei Abiturientinnen von der Werkstattschule untersuchen die Warnow mit einer neuen Methode auf Schadstoffe.
Wie viel Mikroplastik befindet sich in der Warnow? Seit rund anderthalb Jahren befassen sich die drei Abiturientinnen Emelie Jogschies, Jean-Christin Beyer und Hilke Nickel von der Rostocker Werkstattschule mit der Frage. Bevor sie sich beim diesjährigen „Jugend-forscht“-Wettbewerb angemeldet haben, haben sie Literatur zum Thema gelesen und im Internet recherchiert. Auch mit Wissenschaftlern des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung in Warnemünde haben sie sich unterhalten. „Das Schwierige war am Anfang, überhaupt das Thema einzugrenzen“, erinnert sich Hilke. Eins stand auf jeden Fall fest: „Das Thema ’Mikroplastik in der Warnow’ war bislang noch nicht erforscht. Dabei ist es so wichtig, schließlich beziehen wir aus einigen Teilen des Flusses unser Trinkwasser“, sagt sie.
Für ihr „Jugend forscht“- Projekt haben sich die drei Schülerinnen vor allem auf die Unterwarnow fokussiert. Über einen Zeitraum von rund neun Monaten haben sie, jeweils im Abstand von zwei Wochen, Proben von verschiedenen Stellen entnommen. Um sie zu untersuchen, mussten sie die Mikroplastik sichtbar machen.
„Wir haben eine Salzlösung hergestellt. Mit dem Dichtetrennungsverfahren haben wir die Proben analysiert“, sagt Jean-Christin. Hintergrund: Plastik hat eine geringere Dichte, durch das Salzwasser setzen sich die Plastikpartikel oben ab. Mit einem speziellen Filter konnten sie die Teilchen abschröpfen und unterm Mikroskop untersuchen.
Sogar ein eigenes Verfahren haben die Schülerinnen entwickelt, um die Schadstoffe nachzuweisen: die Fluoreszenz-Methode. „Die kannten wir schon aus dem Biologie-Unterricht. Damit haben wir mal menschliche DNA sichtbar gemacht“, berichtet Hilke. Für Mikroplastik wurde das Verfahren, das bestimmte Partikel zum Leuchten bringt, noch nicht angewandt. Dafür sind Emelie, Jean-Christin und Hilke ins AgroBio-Technikum nach Groß Lüsewitz (Landkreis Rostock) gefahren. Mit einem speziellen Gerät, dem sogenannten Transilluminator, haben sie die Proben zum Leuchten gebracht – wenn sie Mikroplastik enthielten.
„Das war nur der Fall, wenn sich darin Polyethylen oder ein verwandter Stoff befand“, sagt Jean-Christin. Um die Leuchtwirkung zu verstärken, haben sie die Partikel mit einem speziellen Farbstoff, dem Ethidiumbromid, angereichert. „Die meisten Plastikteilchen haben aber auch schon so geleuchtet“, sagt Jean-Christin.
Und was sind die Ergebnisse?
„Wir haben erhebliche Mengen an Mikroplastik in unseren Proben gefunden. Daraus kann man zwar nicht ableiten, wie viele von den Schadstoffen sich in der gesamten Warnow befinden. Noch ist es unerforscht, welche Auswirkungen das auf den Menschen haben kann. Außerdem fehlen allgemein verbindliche Grenzwerte“, berichtet Emelie. Einen Einfluss hat ihre Studie aber auf ihr eigenes Konsumverhalten: Alle drei verzichten jetzt auf Kosmetikprodukte, die Mikroplastik enthalten. „Wir lesen jetzt genauer die Packungsbeilagen“, sagt Emelie.
Wie es nach dem Abitur weitergehen soll, wissen die drei Mädels schon. Jede von ihnen möchte ein Jahr Freiwilligendienst machen, bevor es zum Studium geht. Während Emelie und Jean-Christin eher ein naturwissenschaftliches Fach bevorzugen, liebäugelt Hilke mit der Sozialwissenschaft.
Gefährliche Plastik
270 000 Tonnen Plastikmüll befinden sich in den Weltmeeren. Das schätzt das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Über Wassertiere können die Partikel in die Nahrungsmittelkette gelangen.
Manche Vögel, Seehunde, Kegelrobben, Schweinswale und Fische verwechseln den Müll auch mit ihrer natürlichen Nahrung. Sie verspüren dann zwar ein Sättigungsgefühl. Viele von ihnen verhungern mit vollen Mägen oder sind aufgrund der reduzierten Fitness ein leichtes Opfer von Krankheiten.
Plastik, vor allem in Form von Tüten und PET-Flaschen, ist rund um den Globus der am weitesten verbreitete marine Müll und macht bis zu 80 Prozent aller Abfälle aus.
OZELOT 12.03.2015, Grit Schreiter