Wie schwer haben es Mütter bei der Rückkehr in den Job?
Projekt "Perspektive Wiedereinstieg" vom Institut für Bildung und Forschung berät Frauen bei genau diesem Schritt
Reutershagen. Nach der Geburt ihres ersten Kindes stand Marlen Harder vor einem Problem. Die damals 33-Jährige war in Nordrhein-Westfalen Bezirksleiterin und Personaltrainerin eines bundesweit vertretenen Catering-Unternehmens. Ihre Firma ermöglichte ihr aber keine Teilzeitstelle. Familie und Beruf unter einen Hut zu kriegen, wurde zunehmend schwieriger. „Damals dachte ich noch, dass ich die Vollzeit jetzt einfach machen muss. Anders ging es ja nicht", sagt die gebürtige Rostockerin. Eineinhalb Jahre langversuchte sie den Spagat zwischen deutschlandweiten Arbeitseinsätzen und der Erziehung ihres Kindes. Dann war Schluss. „Ich habe gemerkt, dass mich die Arbeitszeiten einfach überrollt haben und mich das alles kaputt gemacht hat", sagt die heute 41-Jährige.
Vielen Müttern geht es wie Marlen Harder. Aus diesem Grund organisieren das BILSE-Institut für Bildung und Forschung und die Bundesagentur für Arbeit das Aktionsprogramm "Perspektive Wiedereinstieg". Das Familienministerium und die Europlüschen Sozialfonds fördern das Projekt. Am Mittwoch trafen sich zahlreiche Frauen im Rahmen des Programms im Reutershagener Freizeitzentrum und tauschten ihre Erfahrungen aus. Auch um die berufliche Rückkehr nach langer Krankheit oder nach der intensiven Pflege von Angehörigen ging es bei dem Treffen.
Problem befristete Verträge
Die zweifache Mutter Maria Bergmann (Name von der Redaktion geändert) war ebenfalls dort. Sie ist aktuell auf Arbeitssuche. Die studierte Sozialwissenschaftlerin war bis zum Sommer vergangenen Jahres in der Geschäftskundenbetreuung bei einer Autovermietung tätig. Im Juli bekam sie ihr zweites Kind und ging in die Elternzeit. Ihr befristeter Arbeitsvertrag läuft in diesem Jahr aus, so dass sie nicht einfach wieder in dem Job anfangen könne. „Das Unternehmen ist sehr familienfreundlich aber durch die Vertragsbedingungen konnte ich nur eineinhalb Jahre dort arbeiten“, erzählt die 31-Jährige. Sie würde zwar gern wieder in ihrer alten Firma anfangen, sicher sei ihr die Stelle aber nicht. „Manchmal kommen schon Existenzängste auf“, sagt sie.
"Ich wollte nicht mehr nur noch in Unternehmen auf Leistung und Druck arbeiten."
Marlen Harder Mutter und selbstständige Unternehmerin
Maria Bergmann, Marlen Harder und andere Frauen schätzten die Unterstützung von „Perspektive Wiedereinstieg“. Der Austausch würde helfen, besser mit der Situation umzugehen. „Es beruhigt einen, dass man nicht alleine mit der Sache ist“, sagt Bergmann. Hilfe kam unter anderem von Christiane Bannuscher vom Verein „Frauen in die Wirtschaft“. Sie sprach über Eigenverantwortung und gab den Besucherinnen Motivationshilfen mit. Es geht vor allem darum, darüber nachzudenken, was man tun kann, um den Weg zurück in den Beruf zu finden", findet die 59-Jährige. Bannuscher ist Management· und Karriereberaterin. Sie riet den Frauen: „Man sollte unbedingt aus dem Haus kommen, wenn einem die Decke auf den Kopf fällt, Kontakte zu Firmen knüpfen und sich klar machen, was man will.“ Für sie sei es wichtig, Betroffenen die richtige Unterstützung und Begleitung zu geben, um ein eigenverantwortliches Leben zu führen und Beruf und Familie zu vereinbaren.
Alternative Selbstständigkeit
Marlen Harder ging den Weg der Eigenverantwortung. Nachdem sie zurück nach Rostock gezogen war, versuchte sie erneut, in verschiedenen Firmen tätig zu werden. Die Geburt ihres zweiten Kindes stellte sie jedoch vor die gleichen Probleme wie zuvor. Dann entschied sie sich, in die Selbstständigkeit zu geben und eröffnete ihren Online-Shop (www.et-sy.com/shop/OstseeFlow). „Ich wollte nicht mehr nur noch in Unternehmen auf Leistung und Druck arbeiten“, erzählt sie. In ihre neue Tätigkeit habe sie sehr viele Emotionen und Anstrengung gelegt. Auch Maria Bergmann denkt über die Selbstständigkeit nach, wenn ihr ehemaliger Arbeitgeber sie nicht wieder einstellt. „Diese Bewerbungsphase zehrt zwar an den Nerven aber manchmal ist es auch spannend, weil man nicht weiß, was auf einen zukommt.“ Sie könne sich eine Zukunft in der privaten Kinderbetreuung vorstellen.
von Anh Tran: OZ, 08.03.2019